Sonnenpflanze Goldrute (vom Segen der Neophyten Teil II)

Dieses Jahr kommt der Herbst recht zeitig. Schon ende August flogen die ersten Wildgänse laut schnatternd über den Kyffhäuser. Auch heute ist ein richtig schöner düsterer, nebliger, kühler Fast-Herbsttag. Doch überall an Weg- und Waldrändern, an Bahndämmen und den Grenzen zur Wildnis  strahlt die kanadische Goldrute noch immer durch die verschiedensten Grauschattierungen wie Millionen winziger Sonnen.

Ich liebe diese Pflanze schon seit meiner Kindheit. Sie wuchs in unserer Einfahrt (und ich hoffe sie wächst da noch immer) und sobald sie blühte, pflückten wir sie, mein kleiner Bruder und ich, jeder nur eine einzige und in unserem fantasievollen Spiel war sie unsere Fackel. Sie leuchtete uns, als wir durch die Wildnis unseres Gartens pirschten oder unser Keller zum düsteren Labyrinth wurde.

P1060605Heute wird sie als böser Neophyt beschimpft, der sich von den Gärten aus überall hin ausgebreitet hat. Ich kann diesen Hass, der dieser wunderbaren Pflanze entgegengebracht wird, nicht verstehen. Sie steht der einheimischen Goldrute, was ihre Heilkräfte angeht, in nichts nach und ist jetzt, wo schon fast alles verblüht ist, für unsere bedrohten Bienen und anderen wertvollen Insekten ein reichhaltiges Herbstbankett.

Ich liebe diese Pflanze, ich liebe ihren honigsüßen Duft der Blüten, den frischen blumig-krautigen Duft, den sie aus dem Färbertopf verströmt, ich liebe das freudige Summen, dass sie umgibt, wenn ich sie sammle und ich liebe die Farbe, die sie mir schenkt über alles.

Als ich das erste Mal mit ihr gefärbt habe, war ich sofort verliebt. Ich hätte nie gedacht, dass sie so ein strahlendes Gelb hergibt, damals im kleinen Kessel über einem Lagerfeuer auf einem Mittelaltermarkt. Das war auch das erste Mal, dass ich den Eisenessig ausprobiert hab. Dieses leuchtende Grün hat mich mehr als alle anderen Farben sofort in seinen Bann gezogen. Jetzt ziert die Goldrute meinen Blog, meine Visitenkarten, Bonuskärtchen und Flyer und natürlich auch mich in Form von Pulswärmern und Stiefelstulpen.

Vor ein paar Tagen war ich Goldrutenblüten sammeln, an einem verregneten, kühlen, grauen Tag. Mit fiel auf, viele waren schon verblüht, einige standen gerade in voller Blüte und einige waren noch knospig. Ich dachte mir, was für eine schlaue Pflanze, so haben die Insekten (und ich auch) schön lange was von diesem Sonnenschein. Was mir auch auffiel, dort auf der kleinen Wiese zwischen Bundesstraße und dem Militärsperrgebiet wuchs zwar viel kanadische Goldrute, aber mindestens auch genauso viele Brennnesseln, Disteln, Brombeeren, Gänsefingerkraut und Rainfarn. Ich fand auch Lupinen, Klee, Spitz- und Breitwegerich und noch ganz viele andere Pflanzen. Von wegen, die böse Neophytengoldrute vertreibt die einheimischen Pflanzen.

Und wie hab ich mich gefreut als beim zweiten Färbeversuch mit der Goldrute das gleiche strahlenden Gelb und fast das gleiche Grün entstanden sind. Ich hatte schon befürchtet, das erste Ergebnis wär ein einmaliger Treffer. Die Goldrute ist also auch noch zuverlässig. Jetzt muss ich nur noch den Lichtechtheitstest machen. Irgendwie hab ich mich bisher davor gedrückt.

P1050630 - Kopie

v.r.n.l: Walnussblätter 1. Zug mit 10% Alaun; Goldrutenblüten 1. Zug mit 10% Alaun; 1. Zug mit 10% Alaun und Eisenessig; 2. Zug mit 10% Alaun und Eisenessig

Ihr wollt noch mehr über diese wunderbare Pflanze erfahren? Dr. Wolf-Dieter Storl hat einen wunderbaren Beitrag darüber geschrieben. HIER gehts zum Beitrag

Ich wünsche euch einen zauberhaften Altweibersommer 🙂
Euer Wurzelweib

3 Gedanken zu “Sonnenpflanze Goldrute (vom Segen der Neophyten Teil II)

    • Wurzelweib schreibt:

      Danke 🙂 das ist lieb von dir
      Ich würde ja gern mehr schreiben, Ideen hätte ich genug. Ich komm nur irgendwie nicht dazu 😦 Ich hoffe, dass ich wenigstens den Winter über öfter dazu komme

      Zauberhafte Grüße
      Das Wurzelweib

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