Die Geburt der Venus von Botticelli (Quelle: Wikipedia)
Je mehr ich färbe, umso tiefer versinke ich in den Farben, in der Faszination über die Pflanzen und ich habe nun schon einige ausprobiert und stelle immer wieder fest, dass mich jede Farbe, jede Pflanze auf ihre eigene Weise berührt. Jede hat ihre Geschichte zu erzählen und mehr noch. Manche Pflanzen galten für unsere Vorfahren als heilig und die Farbe daraus erfüllt meine Seele. Eines Tages färbte ich so vor mich hin, ich glaub es war Apfelbaumrinde und ich sah die Göttin darin. Der Baum forderte sein Blutopfer, als ich die Rinde am Tag zuvor vom Obstbaumschnitt entfernte, ich schnitt mich böse in die Hand und als ich dann am nächsten Tag dieses strahlende Goldgelb auf meiner Wolle leuchten sah, dachte ich nur „Das war es wert“ und diese Farbe erfüllte mich, sie machte mich glücklich und stolz und ich sah den Sinn meiner Arbeit klarer als je zuvor. Ich färbte weiter, kombinierte verschiedene Pflanzen und Farben und in jedem Strang fand ich einen anderen Aspekt der Göttin, jeder Strang erinnerte mich an eine Geschichte. Und da wurde mir erst so richtig bewusst, wie viel Magie und Kraft in den Farben steckt. Ein paar dieser Geschichten möchte ich euch erzählen.
Apfelbaumrinde und Sandelholz
Die Pflanzen und die Farben erinnerten mich an all die Göttinnen, die für Liebe, Jugend und Schönheit stehen, an Freya, an Idun mit ihren Äpfeln der Jugend, an Aphrodite und Hera, an die goldenen Äpfel der Hesperiden, ja und sogar an Lilith und den Baum der Erkenntnis. Sie erinnerten mich an die Liebe, die Leidenschaft und die Opfer, die dafür gebracht werden.
Schilfblüten und Indigo (3. Zug)
Diese Farben erinnerten mich zuerst an den irischen Fluss Shannon und die Göttin Sionan, die die Früchte der Inspiration aß und zur Strafe zu diesem Fluss wurde, aber auch an unseren Schwanenteich, der von Schilf umgeben ist, in dem sich die Sonne und der Himmel spiegeln und an dessen Ufer die Schwäne brüten. Und jetzt gerade, wo ich darüber schreibe, fällt mir das Märchen von den wilden Schwänen ein. Diese Farben sind Inspiration, eindeutig 🙂
Apfelbaumrinde, Mädesüß und Krappwurzeln
Ich dachte an die wilden Weiber und die Hexen wie Baba Jaga oder Cerridwenn, die in ihren Kesseln dampfende Zaubertränke brauen, nackt im Mondlicht tanzen, ihre Körper mit Ocker bemalen und Blut opfern, die die Erde nähren und die alten Märchen erzählen, die die guten Menschen belohnen und die faulen bestrafen, an all die Göttinnen der Erde.
Indigo und Sandelholz (2.Zug)
Ich hatte den zweiten Zug Sandelholz gefärbt und mir schoss der Gedanke durch den Kopf (das ist Sternenlicht) und ich konnte nicht anders, das mit kräftigem Indigoblau zu kombinieren. Und nun erinnert mich die Wolle an all die Himmelsköniginnen, an Inanna, Nut, Maria, an das Licht in der Dunkelheit, das Hoffnung und Trost spendet.
Cochenille und Blauholz
Cochenille hatte mich ja schon fasziniert, als ich das erste mal damit färbte und noch mehr als ich danach recherchiert hatte. Dabei mag ich überhaupt kein Rosa oder Pink. Aber diese Farbe hatte soviel Kraft. Sie erinnert mich nahezu an alles Göttliche. Als ich jedoch das letzte mal damit gefärbt hatte, war gerade Vollmond und mir fiel die Geschichte von Coyolxauhqui, der Mondgöttin der Azteken wieder ein. Sie wurde von ihrem Halbbruder ermordet und zerstückelt und er warf ihren Kopf an den Himmel, wo ihre Mutter Coatlicue sie immer sehen konnte. Ich sehe das als ein Blutopfer dafür, dass der Mond die Nächte erhellt und uns leitet. Auch beherrscht der Mond wie die Gezeiten auch unser Blut und vor allem die Menstruation. Also ist auch hier wie in so vielen Geschichten das Blut Leben und Fruchtbarkeit und Magie, ebenso wie Cochenille und Blauholz, das vom Blutholzbaum kommt und ohne Beize ein Rotbraun färbt, dass mich an getrocknetes Blut erinnert.
Die Wolle findet ihr in meinem DaWanda Shop. Ich hab noch viel mehr Geschichten über Göttinnen und Pflanzen und einige davon sind schon in Arbeit.
Ich wünsche euch einen wunderschönen bunten Frühling
Dunkelbunte Grüße
Euer Wurzelweib
Wurzelweib 