Grundlagen des Pflanzenfärbens

Die Pflanzenfärberei ist schon eine richtige Wissenschaft. Es gibt nicht wirklich ein Grundrezept, dass man auf alle Pflanzen und Farben anwenden kann. Besonders die Dosierungen der Pflanzenteile sind sehr unterschiedlich und mit Veränderung der Dosierung von Pflanzen, Beizen und Hilfsstoffen kann man immer wieder unterschiedliche Farbtöne, also eine ganze Farbpalette für eine einzelne Pflanze erzielen.

Ich will jedoch versuchen, eine Anleitung zu formulieren, die man auf die meisten Pflanzen anwenden kann. Wenn man etwas tiefer eintauchen möchte und vor hat öfters zu färben, ist ein Notizbuch hilfreich, in das man die gewählten Dosierungen und Ergebnisse festhält. Es ist auch immer interessant die fertige Wolle auf Lichtechtheit zu testen und zu schauen, wie die Farben sich verändern werden.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten zu färben. Man kann einfach alles zusammen in einen Topf werfen, die Wolle, die Beize und die Pflanzenteile und das ein bis zwei Stunden bei 90°C köcheln lassen (die sogenannte Einbadfärbung). Das geht wunderbar, wenn man kleine Mengen färbt und einen Topf hat, der Pflanzen und Wolle zusammen fassen kann. Da ich immer 1kg färbe, passt das bei mir nicht zusammen in einen Topf und ich muss die einzelnen Schritte nach einander durchführen. Im folgenden erkläre ich euch, wie ich den Großteil meiner Wolle färbe.

Diese Anleitung kann nur auf tierische Fasern angewendet werden (Schurwolle, Alpaka, Seide, Yak, Cashmere und sogar Hundehaar). Auf pflanzlichen Fasern halten die Farben nicht (darauf gehe ich vielleicht ein anderes Mal genauer ein). Bis auf Waid und Indigo könnt ihr die Anleitung für alle Pflanzen, Flechten und Cochenille nehmen (ob das auch mit Pilzen funktioniert, kann ich noch nicht sagen). Das Färben mit Indigo ist nicht ganz ohne und geht unterscheidet sich sehr von dieser Anleitung.

Die Ausrüstung

Für das Färben braucht ihr ein paar Utensielien, die ihr auch nur noch zum Färben verwenden solltet. Nicht alle Pflanzen sind genießbar und auch Alaun, obwohl es unbedenklich ist, sollte nicht ins Essen wandern. Also verwendet bitte Töpfe, Löffel, Zangen usw. vom Färben nur fürs Färben. Ihr könnt das ruhig in eurer Küche machen, aber achtet drauf, dass alle Lebensmittel in Sicherheit gebracht werden, während ihr färbt und dass danach die Arbeitsflächen gut gesäubert werden bevor ihr kocht. Die Färberutensilien sollten als solche gekennzeichnet und separat aufbewahrt werden, damit keiner auf die Idee kommt Nudeln im Färbertopf zu kochen. Passt auf, dass ihr keine Flotte verschüttet. Die Flecken gehen schwer wieder weg. In der schicken Designerküche würde ich nicht färben. Besorgt euch da lieber so eine Campingkochplatte und einen Klapptisch und macht das draußen oder im Keller (aber bei guter Belüftung).

Ihr benötigt

  • einen großen Topf aus Emaille ohne Schadstellen (für 100-200g Wolle sollte der Topf schon 2,5l fassen. In meinen 20l DDR Windelkochtopf passt gerade so 1kg Wolle, mein Topf für Indigo ist sogar noch größer). Wenn die Emaille Risse hat, hat das Auswirkungen auf das Farbergebnis. Es ist empfehlenswert mehrere Töpfe für die verschiedenen Farben zu haben, also einen für gelb und grün, einen für rot, und einen zum Beizen. Aber ich habe auch nur zwei Töpfe, einen für Indigoblau und einen für den Rest
  • einen Löffel passend zur Topfgröße aus Holz oder Kunststoff
  • eine Grillzange aus Holz
  • eine Waage
  • eine kleine Schüssel oder einen sauberen Joghurtbecher zum Abmessen von Alaun, Hilfsstoffen und Cochenille
  • eine größere Schüssel zum Abmessen der Pflanzenteile
  • ein großes Sieb
  • mehrere Eimer und große Schüsseln zum Einweichen der Pflanzenteile und Auswaschen der Wolle
  • Etwas zum Aufhängen der Wolle (z.B. einen Wäscheständer, bei mir kommt das auf Besenstiele
  • Putzlappen aus Altkleidern oder alte Hand- und Geschirrtücher
  • evtl. eine Babywanne (da ich das auf meiner Terasse mache, stelle ich die Wanne unter die Wolle zum Auffangen des Wassers um meine Fließen zu schützen und damit es nicht in meine Regentonne gelangt
  • evtl zerteilte Besenstiele (gedrittelt oder geviertelt), wenn ihr mehrfarbige Stränge färben wollt.
  • genug Regenwasser, außer ihr habt das Glück in einer Gegend zu färben, wo es kalkfreies Leitungswasser gibt
  • eine Haspel oder Wollspinne ist auch ganz hilfreich
  • Gummihandschuhe, wenn ihr empfindliche Haut habt oder keine bunten Hände haben möchtet
  • alte Kleidung oder eine Schürze
  • Einen Wecker oder eine Stoppuhr
  • Kernseife oder Waschsoda
  • Essig (am besten Apfelessig für die Wolle)
  • eine Kochstelle
  • evtl. ein Einkochtermometer

Das Beizen

für 100g weiße Schurwolle braucht ihr 10-20g Alaun. Alaun bekommt ihr in der Apotheke, bei Dragonspice oder im Pflanzenfärbershop.
Da man meistens mehrere Züge färben kann, sollte man immer etwas Wolle auf Vorrat beizen, damit noch welche da ist, wenn man feststellt, dass da noch ein Zug mehr als erwartet rauskommt. Es wäre ja schade, wenn ihr nicht genug Wolle habt um die Flotte richtig auszuschöpfen. Ich lege immer einen ganzen Tag zum Beizen ein und habe dann etwa 6kg gebeizter Wolle auf Vorrat. Manchmal sind es auch zwei oder drei Tage hintereinander. So kann ich mein Beizwasser gut ausnutzen und spare Wasser.

Zuerst wird die trockene Wolle gewogen und die Alaunmenge berechnet. Die Wolle solltet ihr vor dem Färben nochmal mit Kernseife oder Waschsoda waschen und anschließend spülen. Währenddessen könnt ihr schonmal den Topf mit Regenwasser auf den Herd stellen. Das Wasser solltet ihr nochmal durch ein Tuch filtern damit ihr keinen groben Dreck im Beizbad habt. Wenn das Wasser anfängt zu dampfen, könnt ihr das Alaun darin auflösen. Bedenkt bitte, dass wenn ihr 400g Wolle beizten wollt, aber nur 200g in euren Topf passen, auch nur die Menge Alaun für 200g in den Topf gebt und dann den Rest in einem zweiten Durchgang beizt. Wenn das Alaun aufgelöst ist, könnt ihr die Wolle in den Topf geben. Die sollte zu Strängen gewickelt sein und an mindestens zwei, besser drei stellen locker gebunden sein. Wenn sie zu fest gebunden wurde, nimmt sie dort keine Beize bzw. Farbe an. Drückt die Stränge unter und verteilt sie vorsichtig im Topf. Nicht Rühren! Die Wolle sollte mit Wasser bedeckt sein und genügend Platz im Topf haben. Das Beizbad wird jetzt bis auf etwa 90°C erhitzt. Wer kein Thermometer hat, wartet bis es leicht köchelt und dreht die Hitze etwas runter. Leicht köcheln ist ok, es darf aber nicht sprudelnd kochen, dann verfilzt die Wolle. Sobald es köchelt stellt man den Wecker auf eine Stunde. Schaut immer mal nach der Temperatur. Es darf nicht kochen, aber zu kalt ist auch nicht gut. Dann hält die Farbe schlechter.
Wenn die Stunde um ist, könnt ihr die Wolle mittels der Zange aus dem Beizbad nehmen und zum abkühlen und abtropfen aufhängen. Wenn die Wolle nicht mehr dampft, könnt ihr sie auswringen und einmal ausspühlen. Die Wolle könnt ihr sofort weiterverarbeiten oder trocknen und für später aufbewahren, dann aber vor Licht und Motten geschützt, z.B. in einer Kiste aus getöntem oder undurchsichtigen Kunststoff

Färberflotte herstellen

Jetzt wird es spannend. Je nach Pflanze braucht ihr etwa 50-400g Pflanzenmaterial für 100g Wolle. Frische Pflanzenteile könnt ihr sofort mit Regenwasser auskochen. Getrocknete Pflanzenteile sollten über Nacht eingeweicht werden. Am besten eignen sich dazu diese 10l Eimer mit Deckel, wie es sie in Baumärkten gibt. Rinden, Hölzer und Wurzen weiche ich auch ein, wenn sie frisch sind. Bedenkt dabei, dass die Pampe quillt, also macht den Eimer nicht randvoll. Wenn ihr Weinsteinrahm verwendet, kommt der zusammen mit den Pflanzenteilen in den Topf. Ich gebe ihn auch schon beim Einweichen mit dazu (damit ich es später nicht vergesse). Ich nehme immer genauso viel wie Alaun, also 15g auf 100g Wolle.

Die Pflanzenteile sollten im ausreichend Wasser bedeckt sein und dann eine Stunde kochen (die Zeit gilt wirklich erst, wenn es richtig sprudelnd kocht um möglichst alle Pigmente aus der Pflanze zu holen).
Ihr könnt die Pflanzen auch in ein Leinentuch, ein Säckchen oder in einen Nylonstrumpf füllen und so kochen, damit spart ihr euch etwas Arbeit. Ich habe leider keinen Sack, in den 1kg Rindenspäne passen. Deswegen seihe ich die Suppe ab, wenn die Stunde um ist. Es ist etwas umständlicher, aber es geht nicht anders. Erst fülle ich die Suppe in Eimer, mache meinen Topf sauber und dann fülle ich die Suppe durch ein Tuch (einen Lumpen oder Putzlappen, wie wir das nennen), der in einem alten Nudelsieb liegt in den Topf. So hab ich eine schöne Flotte ohne Krümel (außer mir fällt das Sieb in den Topf, was schon ab und zu mal passiert *seufz) und es kann weiter gehen. Wenn ihr die Pflanzen in einem Säckchen oder so habt, könnt ihr das einfach ausdrücken und fertig. Aber Vorsicht, das ist heiß.

Das Färben

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Einkochtöpfe eignen sich wunderbar zum Färben. Ich glaube, das war ein Walnussblättersüppchen

Der Topf kommt wieder auf den Ofen und wird nochmal mit Regenwasser aufgefüllt. Jetzt kommt die feuchte Wolle in den Topf, wird untergedrückt und verteilt. Nicht Rühren! Die Flotte wird wieder auf 90°C erhitzt und ab da eine Stunde gemessen. Ihr könnt ab und zu ganz vorsichtig die Wolle im Topf bewegen oder mal mit der Zange herausziehen, wenn ihr neugierig seid, aber nicht rühren, das gibt nur Fitz und Driefel wie man im Erzgebirge sagt. Wenn die Wolle genug Platz im Topf hat und frei darin schweben kann, ist das auch gar nicht nötig. Wenn die Zeit um ist, holt ihr die Wolle mit der Zange aus dem Topf und lasst sie abkühlen und abtropfen.

 

Waschen und Nachbehandlung

Spätestens jetzt solltet ihr die Gummihandschuhe anziehen (ich mach das nur bei Indigo 😀 … ich finde es witzig bunte Finger zu haben. Es sollen ruhig alle sehen, womit ich mein Geld verdiene :D). Am besten stellt ihr euch drei bis vier Schüsseln oder Eimer mit lauwarmen Wasser bereit. Bei kräftigen Farben wie Krapp, Cochenille oder Blauholz nehme ich den ersten zum Vorspülen. In den nächsten (bzw. den ersten) kommt Waschsoda oder Kernseife, der zweite hat klares Wasser und der dritte enthält einen Schuss Essig (etwa soviel wie für eine große Schüssel Salat). Die Wolle wird ausgewrungen und geht dann Strang für Strang durch die Waschstraße. Dabei bitte nicht rubbeln! Am besten knetet ihr die Wolle ein paar mal. Dabei kann man gut beobachten, wie die Reste der Flotte das Wasser färben. Immer schön auswringen bevor es in die nächste Schüssel geht. Im Essigbad kann die Wolle ruhig kurz einweichen. Bei Blauholz solltet ihr auf den Essig verzichten, da löst ihr die Farbe und ihr dürft nochmal von vorne anfangen mit auswaschen. Für alle anderen Farben gilt, dass der Essig die Fasern glättet, also die Farbe besser fixiert und die durch das Beizen und Färben aufgeraute Wolle wieder weich macht. Essig ist ein wunderbarere Weichspüler, vor allem Apfelessig, das gilt nicht nur für Wolle, sondern auch für alles in der Waschmaschine oder für unsere Haare. Die drei oder vier Spülungen reichen in der Regel aus und das Essigwasser bleibt klar. Ich wasche damit immer 1kg aus. Nur bei sehr kräftigen ersten Zügen nehme ich mehr Schüsseln zum ausspülen oder wechsle das Wasser nach drei bis fünf Strängen.

Jetzt muss die Wolle nur noch gut trocknen. Je nach Wolle und Umgebungstemperatur kann das schon mal zwei Wochen dauern, besonders Alpaka scheint da lange zu brauchen. Um dunklere Farben zu erzielen könnt ihr die bereits gefärbte Wolle nochmal mit der gleichen oder einer anderen Pflanze überfärben (sie muss nicht nochmal gebeizt werden). Davor sollte die Wolle aber wirklich gut durchtrocknen und dann aber zum wieder eingeweicht werden. Das gibt bessere Ergebnisse.

Alaunbeize, Färberflotten und Waschwasser könnt ihr bedenkenlos im Klo entsorgen. Gebt noch etwas Essigessenz in die Brühe um Verstopfungen vorzubeugen (da sind mehr Wollflusen drin, als man denken mag). Geringe Mengen kann man auch auf den Kompost schütten, ebenso wie die Pflanzenreste.

Für mich kommt dann noch der nervigste Teil. Damit die Stränge hübsch und ordentlich in den Verkauf gehen, werden alle nochmal gewickelt. Vor allem die dünnen Garne sind manchmal ganz schön verfitzt und das obwohl ich nicht rühre. Das passiert meistens beim herausziehen. Da bekommt der Geduldsfaden gleich eine ganze neue Bedeutung 😀

Ich hoffe, ich konnte euch das verständlich erklären und habe nichts vergessen. Bei Fragen stehe ich euch gerne zur Verfügung. Wenn euch das zu aufwendig und zeitintensiv ist oder ihr nicht die Möglichkeiten wie genug Regenwasser habt, färbe ich für euch auch gerne nach euren Wünschen. Schreibt mich einfach an 🙂

Schaut doch mal, was so vor eurer Haustür wächst oder sammelt ein paar Zwiebelschalen. Oder vielleicht habt ihr noch die reste vom diesjährigen Obstbaumschnitt. Die Rinde unserer Obstbäume geht auch super zum Färben. Ein paar Pflanzen und Dosierungen findet ihr im vorherigen Beitrag.

Viel Spaß beim ausprobieren
Euer Wurzelweib

5 Gedanken zu “Grundlagen des Pflanzenfärbens

    • Wurzelweib schreibt:

      Hallo Andrea 🙂
      Pflanzenfasern wie Baumwolle kann man meines derzeitigen Wissens und Erfahrungen nach nur mit Indigo bzw. Waid erfolgreich und haltbar einfärben. Theoretisch ist es möglich Baumwolle und Co. mit Hilfe von Tannin (z.b. Tarapulver) zusätzlich zum Alaun zu beizen und zu färben. Mein erster Versuch nach der Anleitung, die zum Tarapulver dazu war, war enttäuschend. Ich hab den Stoff dann mit Indigo überfärbt, um noch was zu retten. Hatte meinen Versuch mit Krapp gemacht, aber anstatt rot oder wenigstens orange zu werden, wurde das nur zartrosa (wie die Lumpen, die ich zum abseien nehme …). Da ich noch Tarapulver da habe, werde ich das irgendwann nochmal versuchen etwas anders als in der Anleitung. Für Indigo werde ich demnächst auch noch eine Anleitung schreiben und über meine Taraexperimente will ich auch noch berichten. Wie immer habe ich mehr Ideen als Zeit 😀 Das hat mit der chemnischen Zusammensetzung der Fasern zu tun. Tierische Fasern sind Eiweißstrukturen. Die nehmen die Pflanzenfarben zusammen mit den Beizen gut an. Die Zellulose der Pflanzenfasern ist ganz anders aufgebaut und tut sich schwer mit allem, was nicht verküpt wird. Aber noch gebe ich nicht auf 😀

      Liebe Grüße
      Dein Wurzelweib

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      • Andrea schreibt:

        Spannend. Ich versuchs gerade mal und schaue, wie es so wird. Die Stoffe nehmen an, ist nur die Frage, ob es licht- und waschecht ist. Wo soll denn Alaun rein, als Beize in die Vorbehandlung, oder? Ich bin ja totaler Newbe 🙂 Und Tannin gibt es doch auch natürlich.. ich glaub, ich arbeite mich gerade ein und habe echt Spaß. Liebe Grüße

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      • Wurzelweib schreibt:

        Hallo Andrea
        Tarapulver ist pflanzlich und enthält Tannin ( http://shop.pflanzenfaerber.eu/beizen-und-entwickler/159-tarapulver-caesalpinia-spinosa-fructus-100g.html )
        für 100g Stoff nimmt man 10g Tannin und die Hälfte Alaun laut der Anleitung. Das Tarapulver wird in einem Säckchen einfach mit in der Alaunbeize gekocht. Hat aber nicht funktioniert. Das unbefriedigende Ergebnis war auch nicht lichtecht. Du musst mir unbedingt berichten, wenn es bei dir funktioniert 🙂
        Liebe Grüße

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      • Andrea schreibt:

        Guguck, ich habe heute Rotkohl, Rote Beete, Kurkuma und Brennesseln mit Baumwollstoff probiert. Die Farben waren toll, vor allem der Rotkohl, nach dem ich den mit Natron türkis gefärbt hatte. Leider hielt keine der Farben dem anschließenden Bad stand – außer natürlich Kurkuma. Liebe Grüße

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