Bio-Wolle von nebenan

Gestern war für Lydia und mich ein ganz besonderer Tag. Wir durften bei der Schafschur von Gerrits Rhönschafen dabei sein und die Wolle gleich einpacken. Es war ein aufregendes und beeindruckendes Erlebnis, von dem ich euch berichten möchte.

P1050489

Gerrit Kröhahn ist ein Bio-Bauer, der in Kelbra und Umgebung einiges an Land besitzt. Seine Schafe sind das ganze Jahr über draußen, letztes Jahr waren sie eine Zeit lang unsere Gartennachbarn. Auf der Streuobstwiese um unseren Garten herum konnten sie Sommer und Herbst lang bei viel Platz herumtollen und sich satt fressen. Sogar ein Lämmchen kam dort zur Welt.

P1050492

Gerrit hat sein Schaf im Griff. Manche blieben aber auch ganz ruhig sitzen, ohne dass er sie festhalten musste.

Gestern war es dann soweit und dringend nötig, dass unsere flauschigen Freunde ihren Sommerschnitt bekommen. 45 Schafe kamen unter die Schere und wurden vorher noch geimpft und bekamen eine Maniküre, also das volle Beauty-Programm für die 42 Damen und 3 Herren, darunter unser Lämmchen vom letzten Herbst, dass zu einem stattlichen Bock geworden ist. Wir haben es gar nicht wieder erkannt, aber Gerrit kennt alle seine Schafe genau. Er weiß genau welches Schaf welches Lämmchen bekommen hat und ein paar seiner Lieblinge haben auch Namen. Sie sind für ihn wie Kinder, manche hat er mit Hand aufgezogen und wenn eines mal krank wird, leidet er sichtlich mit.

Wenn man das so zum ersten Mal sieht, wie so ein Schaf am Bein aus dem Stall gezerrt wird, mag man ein bisschen schockiert sein, aber beobachtet man das Geschehen etwas länger, dass es eigentlich gar nicht so schlimm ist. „Sanfte Gewalt“ trifft es ganz gut. Wenn Gerrit das Schaf erst mal sicher im Griff hat, geht alles ganz schnell. Der Scherer hat lebenslange Erfahrung mit den Tieren, ist praktisch zusammen mit den

P1050491

Harte Arbeit bei 25°C. Dem Scherer troft der Schweiß in Bächen von der Stirn, aber die auch die Schafe schwitzen unter ihren Locken.

Tieren aufgewachsen und das merkt man auch. Er weiß genau wie das Schaft angepackt werden muss, damit es keine Verletzungen davon trägt. Schnell und Präzision ist das Tier in wenigen Minuten erlöst von seinem dicken Winterpulli. Befreit vom Griff des Scherers schaut es erst mal etwas verwirrt, schüttelt sich und trabt dann zu den anderen. Und dann ist auch schon alles wieder gut, der Stress ist vorbei, der warme Sommerwind streichelt die Haut. Lydia und ich stopfen die Wolle in die Säcke von den Futtermöhren für unsere Kaninchen, die wir dafür aufgehoben haben. Sie ist nass vom Schweiß der Schafe und unsere Hände sind bald mit einer dicken Fettschicht überzogen (die meine vom Färben ausgetrocknete Haut übrigens dankbar aufnimmt). Manchmal zappelt ein Schaf sehr bei der Schur und passiert es, dass es eine kleine Verletzung davon trägt. Aber das ist nicht schlimm, sie sind nicht so empfindlich wie wir Menschen und es heilt auch viel schneller. Immerhin tragen sie ihre Wund- und Heilsalbe direkt auf der Haut.

P1050493

Gerrit versucht sich auch mal an der Schere. Aber das ist wohl nichts für ihn. Er hat Angst seine Tiere zu verletzen.

Etwa vier Stunden später sind alle Schafe frisiert und wir sind schweißgebadet, dreckig und k.o. Und die Schafe liegen entspannt im Schatten oder tollen über die Wiese. Die beiden Männer unterhalten sich noch. Der Schwerer sagt, dass Gerrits Schafe, die schönsten Rhönschafe sind, die er je gesehen hat, groß, stark und gut genährt… und er muss es wissen. Wir tauschen noch Kontaktdaten aus, denn als Scherer sitzt man ja an der Wollquelle. Lydia und ich schauen uns an, unsere Augen leuchten und wir träumen schon von Angora, Kashmere und Wildlama, was sich auf unseren Spindeln dreht.

Für uns geht die Arbeit jetzt erst so richtig los. Die erste Wolle wurde gestern gleich zu Hause angekommen schon eingeweicht. Die einen sagen, Rhönschafwolle kratzt, die anderen sagen, sie ist schöner als von anderen Fleischschafrassen. Wir lassen uns da mal überraschen, wir fanden sie schon so ganz flauschig. Für schöne glückliche warme Socken taugt sie auf jeden Fall … und wir finden sowieso, dass es die schönste Wolle der Welt ist, weil wir wissen, dass diese Schafe geliebt werden und richtig glücklich sind … und nicht zuletzt, weil da unser Salat drin steckt, über den sie hergefallen sind, als sie im Herbst in unseren Garten eingebrochen sind 😀 Wir freuen uns jedenfalls riesig aufs Waschen, Kardieren, Färben und Verspinnen.

P1040679

Letztes Jahr hatten wir Einbrecher in unserem Garten. Schon praktisch, wenn sie gleich das Rasenmähen übernehmen … nur unser Zuckerhutsalat fiel ihnen zum Opfer

Vielen Dank an Gerrit, dass wir dabei sein durften und natürlich auch für die Wolle 🙂

P1050498

Gerrit hat auch wunderschöne Ziegen, die mit den Schafen zusammen leben. Was die sich wohl gedacht haben beim dem Schaftheater? 😀

Flauschige Grüße
Euer Wurzelweib

3 Gedanken zu “Bio-Wolle von nebenan

  1. Lilly schreibt:

    Schöne Schafe.
    Aber der einzigste Schafscherer in der Region weit und breit das stimmt nicht 😉 ich kenn im umkreis von 15 km schon allein 5 Stück.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar